Eine Insel Zum Verlieben
Der berühmte singende Sand ist am Strand von Basin Head nicht immer klar zu hören. Im Sommer übertönen gern die Badegäste das Geräusch, wenn sie das atemberaubend schöne Fleckchen Natur stürmen und sich in der Sonne aalen, Jugendliche in Bermudashorts und Bikinis nicht genug davon bekommen, mit Geschrei von der kleinen Brücke über den hier mündenden Fluss ins kühlende Nass zu springen. Doch ohne Geräuschkulisse im Hintergrund dringt das Summen ans Ohr: Der schneeweiße Sand am kilometerlangen Strand von Basin Head quietscht unter den Füßen wie ein an den Ringelschwanz gefasstes Ferkelchen – daher der Name Singing Sands.
Die meisten Leuchttürme weit und breit
Badefreuden sind nur ein Teil des Sommers auf PEI (Pih, Iih, Ai), wie die Kanadier ihre kleinste Provinz liebevoll abkürzen. Die Insel, über eine 13 Kilometer lange Brücke mit dem Festland verbunden, ist etwa sechs Mal so groß wie Rügen und hat 146.000 Einwohner. Es gibt jede Menge zu entdecken und zu genießen. Leuchttürme zum Beispiel. Nirgendwo in Nordamerika ist die Konzentration dieser Seezeichen höher als auf PEI. Die meisten der 63 Türme sind frei zugänglich, viele können von innen besichtigt werden. Das Spannendste daran ist oft der Schnack mit den ehrenamtlichen Betreuern. Sie sind eine wahre Fundgrube für Geschichten und lokale Informationen. Ob vier- oder achteckig, aus Holz oder Beton, mit schwarzen oder roten Ringen, stets zaubern die Leuchttürme ein Lächeln in das Gesicht der Betrachter. Im West Point Lighthouse können Besucher sogar übernachten.
Hummer bis zum Abwinken
PEI ist eine Insel für Genießer. Meeresfrüchte aller Art von Hering bis Thunfisch kommen frisch auf den Tisch. Austern aus der Malpeque-Bucht oder aus Colville Bay genießen weltweites Ansehen bei Feinschmeckern. „Den Hummer kannst Du ruhig anfassen, der beißt nicht“, sagt Jim Larkin und zeigt in seinem Laden für Meeresfrüchte in Charlottetown ein besonders prächtiges Exemplar, dessen Scheren mit Gummibändern gesichert sind. „Sonst kneift er einem leicht den Finger ab“, ergänzt er lachend. Sein Fischgeschäft und das dazu gehörige Restaurant sind in der Inselhauptstadt eine Institution. Hummer (Lobster) gehören zu Prince Edward Island wie Ketchup und Majo zu Pommes Frites, die hier French Fries heißen. Von Mai bis Juni und von August bis Oktober wird der Hummer gefangen, aber es gibt ihn das ganze Jahr über in den Restaurants. In der Hauptsaison bieten Imbissbuden frische Brötchen mit Hummerfleischfüllung an, die sogenannten Lobster-Rolls. Auf einer Bootstour können Neugierige mehr über den Lobsterfang und die Edelkrebse erfahren. Oder die Gäste besuchen eine Lobster-Party am Strand. In vielen Restaurants wird als Vorspeise Clam Chowder angeboten, eine kräftige helle Suppe von Fisch und Muscheln. Jetzt läuft das Wasser im Mund zusammen? Gut so! Zum Hummer isst der Genießer auf PEI übrigens traditionell Kartoffelsalat.
Charlottetown lockt mit Charme und Nachtleben
In Charlottetown, der Inselhauptstadt mit 35.000 Einwohnern, stand einst die Wiege Kanadas. 1864 trafen sich hier Vertreter von vier britischen Kolonien Nordamerikas und berieten über einen Zusammenschluss. Am 1. Juli 1867 trat mit dem Segen der britischen Königin Victoria das Gesetz in Kraft, das die Basis für den Staat Kanada legte. Deshalb ist der 1. Juli der kanadische Nationalfeiertag und deshalb feiert Kanada 2017 sein 150-jähriges Bestehen.
Im PEI-Nationalpark an der Nordküste der Insel am Sankt-Lorenz-Strom ist, wie in allen kanadischen Parks, im Jubiläumsjahr der Eintritt frei. Der PEI-Nationalpark kann erlaufen oder mit dem Leih-Rad erfahren werden. Charlottetown ist ein bezauberndes kleines Städtchen mit vielen historischen Gebäuden, Kneipen, Restaurants und einem Theater. Das spielt von Ende Juni bis Ende September das Musical „Anne of Green Gables“ nach dem Kinderbuch von Lucy Maud Montgomery. Auf der Victoria Row mit vielen Straßenkneipen tobt bis in die Nacht das Leben. Dabei fließen die Produkte zahlreicher Mikrobrauereien auf der Insel in reichem Maße. Allein im Gahan House in Charlottetown gibt es acht verschiedene Biersorten zu probieren. Beliebt ist der Sampler Tray, ein Tablett mit Kostproben aller angebotenen Biere. Es ist nicht überliefert, ob der frisch vermählte britische Prinz William mit Herzogin Kate auf seiner Hochzeitsreise im Sommer 2011 in Charlottetown Station gemacht hat. Übernachtet hat das Paar jedenfalls in Dalvay by the Sea, einem historischen Haus von 1895, das inzwischen ein Hotel beherbergt. Seitdem ist die Beliebtheit von Dalvay für Hochzeitsfeiern ungebrochen.
Muscheln suchen leicht gemacht
Mit dem Rechen im Wasser vor PEI nach Riesenmuscheln suchen und die Delikatesse anschließend am Strand kochen und frisch genießen – dieses Vergnügen sollten sich Besucher nicht entgehen lassen. Das Gruppenvergnügen, im englischen Giant Bar Clam Dig genannt, wird von Tranquility Cove Adventures organisiert. Dazu steigen die Sucher, ausgerüstet mit Taucherbrille, Schnorchel und einem Rechen, vom Boot ins brusttiefe Wasser. Dann wird der Sand geharkt, bis die mindestens Handteller großen Muscheln zu finden sind. Das fällt im kristallklaren Wasser leicht. Schnell ist der Topf gefüllt schon bald garen die frischen Muscheln im blubbernden Seewasser auf dem mitgebrachten Gaskocher. Frisch aus der Schale werden die, in ihrer Konsistenz an Tintenfisch erinnernden, Meeresfrüchte genossen. Unter den Augen der Weißkopfadler, die sich auf ein leckeres Reste-Essen freuen.